Modellierung und Simulation im Straßenbau
Deutschland verfügt im internationalen Vergleich über ein umfangreiches und dichtes Netz an Straßen. Aktuell zeichnet dieses auch eine gute Qualität aus, im internationalen Vergleich belegte Deutschland im Global Competitiveness Report 2019 Platz 22 von 141. Allerdings sind die öffentlichen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur Deutschlands seit Jahren unzureichend. Verschiedene Studien zeigen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland wie auch die Mobilität der Bürger*innen durch einen fortschreitenden Substanzverzehr der Verkehrsinfrastruktur ernsthaft gefährdet sind. So wurde im Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2020 der Substanzwert von 17,1 % der Bundesautobahnen als schlecht oder sehr schlecht eingestuft. Zusätzlich werden die Belastungen aus Verkehr und Umwelt wachsen.
Mit Ausnahme eines durch die COVID-19-Pandemie verursachten Einbruchs hat die Verkehrsbelastung in Deutschland seit 1990 und davor stark zugenommen, insbesondere der Schwerverkehr auf Autobahnen hat sich vervielfacht. Eine aktuelle Studie prognostiziert eine weitere Erhöhung der Güterverkehrsleistung im Straßenverkehr von 2019 bis 2051 um 54 %. Gleichzeitig führt der Klimawandel dazu, dass auch in Deutschland zumindest hohe Lufttemperaturen häufiger und intensiver auftreten. So ist die Jahresmitteltemperatur der Luft im Flächenmittel Deutschlands von 1881 bis 2021 um ca. 1,6 °C angestiegen. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass in Deutschland insbesondere im Sommer die Mitteltemperaturen und die Tagesamplituden zunehmen. Sowohl die Asphalt- als auch die Betonbauweise leiden unter diesen erhöhten Belastungen. Während der Asphalt vor Allem Spurrinnen an Standfestigkeit einbüßt und Spurrinnen ausbildet, kommt es im Beton zu hitzebedingten Verformungen und Ermüdungserscheinungen.
Um die Mobilität zukünftig zu gewährleisten ist es erstrebenswert die Nutzungsdauer von Straßen zu maximieren und Erhaltungsaufwendungen, Verkehrseinschränkungen und Personalaufwand zu minimieren. Die aktuellen Standardverfahren zur rechnerischen Auslegung von Straßenverkehrsflächen sind im Kern bereits etliche Jahrzehnte alt und ihr Umfang der Modellierung ist eingeschränkt, bspw. auf lineares Materialverhalten. Es ist daher notwendig, numerische Simulationsmodelle zu entwickeln, die als Optimierungswerkzeug für die effiziente Entwicklung neuer Baustoffe, aber auch zur Weiterentwicklung bestehender Baustoffe eingesetzt werden können.
Asphalt
Die bestehenden Arbeiten konzentrieren sich auf ein computerbasiertes Framework zur Modellierung und Simulation von Asphaltdeckschichten auf der mm-Skala. Das Korngerüst des Asphalts wird ab der 2 mm - Siebgröße aufwärts durch eine modifizierte Voronoi-Tesselierung aufgelöst und geht damit mit realistischen Volumenbrüchen in die Modellierung ein. Der verbindende Bitumenmastix wird linear viskoelastisch modelliert. Durch ein Homogenisierungsverfahren werden effektive Materialeigenschaften auf der Makroskala errechnet. Das Verfahren liefert damit Einsicht in die lokalen Belastungszustände im heterogenen Werkstoff um das Design zukünftiger Asphalte zu verbessern.
Möglichkeiten zur Weiterentwicklung (bspw. für Abschlussarbeiten)
- Erweiterung der viskoelastischen Materialmodellierung um Plastizität.
- Untersuchung der Notwendigkeit nicht-konvexe Kornformen zu berücksichtigen.
- Verwendung von massiv paralleler Berechnung auf Hochleistungsrechnern.
- Umsetzung eines Homogenisierungsverfahrens 2ter Ordnung.
Beton
Insbesondere bei hohen Achslasten und Temperaturen können Fahrbahndecken aus Beton ihre Vorteile der höheren Tragfähigkeit und Verformungsstabilität gegenüber der Asphaltbauweise ausspielen, da etwa Spurrinnen nicht auftreten. Folglich werden Betondecken bevorzugt auf Straßenflächen mit hoher Belastung eingesetzt. Es ist bekannt, dass vor Allem die derzeitige Berücksichtigung der Temperaturbelastung und der Lagerung der Betonplatten nicht hinreichend ist. Ziel dieses Projekts ist die realistische Modellierung des thermomechanischen Verhaltens von Betonfahrbahnen in Plattenbauweise mit aktuellen Verfahren unter Verwendung von White-Box Codes.
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zuletzt bearbeitet am: 27.02.2024