Computational Applied Mechanics

Verstehen und Vorhersage des Versagens von zellulosebasierten Materialien

Papier und Pappkarton gewinnen in zahlreichen technisch relevanten Anwendungen an Bedeutung, da sie äußerst vielseitig, erneuerbar und leicht recycelbar sind. Dennoch ist ihr Materialverhalten noch immer nicht ausreichend verstanden, und ihre Modellierung ist unterentwickelt. Die Herausforderung bei der Materialmodellierung von Papier liegt darin, dass verschiedene Skalen berücksichtigt werden müssen. Auf der Makroskala zeigt Papier ein ausgeprägtes elasto-plastisches Verhalten in Verbindung mit einer sich progressiv entwickelnden Schädigung. Während diese Effekte bei technischen Werkstoffen wie Metallen gut bekannt sind, sind sie bei Papier fundamental anders, weil sich die intrinsische Mikrostruktur signifikant unterscheidet. Papier besteht aus einem unstrukturierten Fasernetz, dessen Struktur die makroskopische Materialantwort diktiert. Das elasto-plastische Verhalten und das Reißen einzelner Fasern, das Brechen von Faserbindungen sowie die Reibung zwischen den Fasern führen auf der Makroskala zu einer Kombination aus Elasto-Plastizität und Schädigung. Während das Vorhandensein dieser Mechanismen weithin anerkannt ist, bleiben die folgenden beiden kritischen Fragen unbeantwortet:

  1. Welche(r) dieser mikroskopischen Mechanismen ist/sind der/die dominante(n) Treiber für das makroskopische Verhalten in verschiedenen Situationen?
  2. Wie wirken lokale Plastizität und Schädigung zusammen?

Unser Ziel ist es, die Wechselwirkung von Plastizität und Schädigung zu verstehen und zu modellieren. Dies erfordert zunächst eine solide experimentelle Grundlage auf der Skala von Einzelfasern, Faserbindungen, Fasernetzwerken und Papierbögen. Ferner sollen diese Mechanismen in ein Simulationswerkzeug integriert werden, um das Versagen von Zellulosematerialien zu analysieren. Wird der Zusammenhang zwischen mikroskopischen Effekten und dem sich daraus ergebenden effektiven Verhalten verstanden, insbesondere bei nichtlinearer Verformung und fortschreitender Schadensentwicklung, könnte dies im Vergleich zu den bisherigen Forschungsarbeiten über diese Materialien einen echten Durchbruch darstellen. Um dieses anspruchsvolle Multiskalenproblem anzugehen, sind mehrere Innovationen erforderlich. Zunächst müssen die Fasern und Bindungen an umfangreiche, experimentelle Daten kalibriert werden, die den Einfluss der Mikrofibrillen berücksichtigen. Ein vielversprechender Ansatz in dieser Richtung ist die Anpassung der Weitwinkel-Röntgenstreuungstechnik an Fasermaterialien. Außerdem muss die Mikrostruktur des Fasernetzes genau aufgelöst und statistische Schwankungen müssen berücksichtigt werden. Weiterhin muss ein innovatives Homogenisierungsschema entwickelt werden, welches die Berücksichtigung von Softening ermöglicht. Das Endergebnis des Projekts wird eine vollständig validierte numerische Toolbox für die Versagensanalyse sein, mit der papierbasierte Strukturen künftig für eine optimierte strukturelle Leistung entworfen werden können.

zuletzt bearbeitet am: 24.11.2025